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Tag 13 — Abschied von St. Petersburg
Den letzten Tag in Sankt Petersburg möchten wir natürlich so golden wie möglich gestalten. Deshalb fahren wir von Petersburg nach Peterhof, dem russischen Versailles, und werden mit unseren Erwartungen nicht enttäuscht.
In mehrfacher Hinsicht ist die Anlage auch ein Grenzland. Von Peter I. gegründet, ließ insbesondere die deutschstämmige Katharina die Große die Anlage nach dem Vorbild französischer Paläste von europäischen Architekten und Handwerkern ausbauen. Der Komplex repräsentiert deshalb ist bester Form eine Mischung europäischer Kulturen.

Tag 4 — Museen in Helsinki
Nach der Stadtrundfahrt mit den Fahrrädern am Vortag besuchen wir heute die für unser Projekt relevanten Museen. Zu unserer Überraschung widmet das finnische Nationalmuseum dem Winterkrieg, dem Fortsetzungskrieg und dem Lapplandkrieg zusammen nur eine halbe Schauvitrine. Ohne Hintergrundinformation werden diese Kriege nur in Form zweier ausgestellter Uniformen thematisiert. Im Vergleich zur Zeit dieser Kriege zwischen 1939 und 1945 wird der dreimonatige Bürgerkrieg von 1918 mit einem eigenen Ausstellungssaal geradezu erschöpfend dargestellt. Die Museumsmitarbeiter verweisen uns an das Militärmuseum, welches aus deren Perspektive die Beteiligung Finnlands am Zweiten Weltkrieg ausführlicher behandeln soll.
Das Stadtmuseum ist in Hinblick auf Informationen für unser Projekt ebenso enttäuschend wie das Nationalmuseum. Weder im Stadtmuseum noch im Nationalmuseum können wir nähere Details zur Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa in Erfahrung bringen. Das Thema scheint für finnische Historiker derzeit komplett uninteressant zu sein beziehungsweise wird aus unserer Sicht von diesen Historikern in seiner Bedeutung für die politische Entwicklung in Europa nach 1975 völlig verkannt und unterschätzt. Für die Finnen, mit welchen wir über diese Konferenz bislang gesprochen haben, hat diese Konferenz keinerlei Bedeutung, weder für Finnland, noch Europa oder gar ihr jeweiliges eigenen Leben. Für uns ist dies eine Überraschung, da wir diesbezüglich etwas anderes erwartet haben. Denn es ist doch gerade diese Konferenz, die den vielzähligen oppositionellen Gruppen in den realsozialistischen Ländern eine rechtliche Argumentationsgrundlage gegeben und damit das Ende der Einparteienherrschaften in Mittel- und Osteuropa eingeleitet hat. Erst als Folge dieses politischen Wandels und der dadurch ausgelösten Auflösung der Sowjetunion konnte sich Finnland dem politischen Einfluss aus Moskau entziehen und die Politik der „Finnlandisierung“ beenden.
Am Abend erreichen wir nach erneuter langwieriger Diskussion, dass uns die Bahnmitarbeiterin zwei Fahrkarten für uns und unsere Fahrräder verkauft. Dies tut sie jedoch nicht, ohne zuvor mehrere andere Mitarbeiter und Vorgesetzte zu informieren und zu befragen, ob sie uns für das Lastenfahrrad eine Fahrkarte verkaufen darf. Nach einhelliger Meinung dürfte sie es nicht, wir sollen jedoch nach Belehrung über die einschlägigen Transportbedingungen unser Glück versuchen und uns mit dem Schaffner verständigen. Da das Lastenfahrrad physisch nicht in die Zuggarnitur der von uns bis dato präferierten Relation passt, müssen wir unsere Reiseroute etwas ändern. Wir kommen deshalb nicht am Sommerhäuschen des russischen Zaren in der Nähe von Kotka vorbei, sondern müssen mit dem Fahrrad eine nördlicher gelegene Route nach Vyborg wählen.
Tag 3 — Stadtrundfahrt in Helsinki und Bahnfahrtkarten
Nach Ankunft der Fähre in Helsinki gilt es zuerst einige Kilometer vom Terminal in die Innenstadt zu radeln, wo wir unseren Gastgeber für die nächsten drei Tage treffen. Mit diesem zusammen erkunden wir im Anschluss mit dem Rad die Stadt und machen uns mit den örtlichen Gegebenheiten vertraut. Das Wetter ist für diese erste Rundfahrt zu den Sehenswürdigkeiten Helsinkis bestens geeignet. Schönstes Touristenwetter für Postkartenmotive.
Da wir in drei Tagen mit dem Zug von Helsinki bis in die Nähe der russischen Grenze fahren möchten um Zeit zu sparen, fühlen wir am Abend am Bahnhof vor, ob und wenn ja in welche Zuggarnituren unserer Lastenrad passt. Diese Sondierung vor Ort ist ernüchternd. Obwohl es in Helsinki ein sehr gut ausgebautes Netz an Fahrradwegen gibt, ist das rollende Material in Finnland nicht auf eine größere Anzahl von Radfahrern im Zug angepasst. Es gibt zwar in jedem Zug 2–3 Stellplätze für Fahrräder, diese Plätze sind jedoch schwer zugänglich und bestenfalls für leichte Sporträder geeignet.
Die Frage nach einer Mitnahmemöglichkeit unseres Lastendes in einem Zug überfordert die Angestellten der finnischen Bahn sichtlich. Nach zähen Verhandlungen schaffen wir es, die Schalterbedienstete zu einer unverbindlichen Reservierung von zwei Fahrradkarten für den geplanten Abfahrttag zu überreden. In Hinblick auf die Größe des Lastenrades verweist sie mehrfach auf Regelungen zur Fahrradmitnahme in finnischen Zügen und macht dabei deutlich, dass dieses Rad nicht mitgenommen werden könne. Wir sollen einen Service anrufen und uns dort nach Transportmöglichkeiten für das Rad erkundigen. Wir versprechen dies zu tun und mit der Auskunft in der Hand am nächsten Tag wiederzukommen.
Der Kofferraum
Mit einem Tag Verzögerung ist heute die Beschriftung für den Fahrradkoffer fertig geworden. Das Rot ist nicht ganz der Farbton der es hätte sein sollen, aber das fällt wohl nur jemandem auf, der auch die Designvorlage mit den Farbwerten gesehen hat. 😉

Obwohl die Kiste für sich recht leicht ist, ändert sich mit der montierten Kiste das Fahrverhalten des Rades doch spürbar. Mal gucken wie sich das Rad mit voller Zuladung verhält.