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Tag 35 — Von Sovetsk nach Kaliningrad
Auf unserem Weg aus der Stadt hinaus treffen wir auf der Straße die Frau, welche uns am Vorabend mit ihrem Hinweis auf ein weiteres Wohnheim die entscheidende Hilfe zum Finden einer Unterkunft gegeben hat. Die Welt ist eben auch in Sovetsk sehr klein.
Tag 8 — Von Vyborg nach Primorsk
Da wir uns auf explizite Nachfrage bei der Einreise für unseren Aufenthalt in der Russländischen Föderation registrieren lassen müssen, möchten wir dies vor unserer Abfahrt aus Vyborg auch tun. Die nächste Gelegenheit für eine Registrierung wäre erst wieder in Sankt Petersburg und dies wäre nach Aussage der russischen Grenzer zeitlich zu spät nach der Einreise. Also machen wir uns in Vyborg auf die Suche nach der zuständigen Migrationsbehörde. Wer sollte die Adresse dieser Einrichtung besser kennen als die lokale Polizei? Diese scheint zumindest in diesem Punkt nicht besser zu sein als ihr Ruf. Die Wache wimmelt uns ab und hat noch nicht einmal einen Stift und Papier, damit wir uns zumindest die Adresse notieren können, an welche wir verwiesen werden.
Die Polizisten vor der Wache sind auch nicht besser informiert als die Kollegen im Inneren der Dienststelle. Zumindest haben sie Stift und Papier, so dass wir uns die Adresse aufschreiben können, zu welcher wir mit unserem Anliegen erneut verwiesen werden.
In der lokalen Dienststelle der Migrationsbehörde in Vyborg ist der aktuelle Konflikt in der Ukraine voll präsent. Vor und insbesondere in der Behörde drängen sich die Menschen, um an Stempel, Genehmigungen oder sonstige offiziellen Dokumente zu gelangen. Entsprechend gering ist die Bereitschaft der Bediensteten, sich mit dem für Vyborg sicherlich selten vorkommenden Sonderfall eines Radreisenden aus Westeuropa zu beschäftigen. Nach einigen fruchtlosen Anläufen einen Ansprechpartner zu finden und aus diesem die relevanten Informationen für den Registrierungsprozeß zu extrahieren, gehen wir zum Dienststellenleiter. Der hat zufällig Sprechstunde und deshalb ein paar Minuten für uns Zeit. Ergebnis des Gespräches: Wir können ohne Registrierung weiterfahren, da eine solche erst nach einem Aufenthalt von mehr als 7 Werktagen der Migrationsbehörde an einem Ort verlangt wird. Da wir nicht vorhaben an einem Ort länger als 7 Werktage + die dazwischenliegenden Wochenenden zu bleiben, nehmen wir den Dienststellenleiter beim Wort und verabschieden uns ohne Registrierung aus Vyborg.
Aufgrund der mit dem Registrierungsgehadere verbundenen Zeitverlust schaffen wir leider unser Tagessoll nicht und übernachten am Strand in Primorsk.
Tag 6 — Von Helsinki nach Vyborg
Obwohl uns die Bahnmitarbeiter in Helsinki in den Vortagen in intensiven und langen Diskussionen von unserem Vorhaben abbringen wollten, mit dem Lastenfahrrad per Eisenbahn Richtung russischer Grenze zu fahren, finden wir heute im Zug sehr schnell einen passenden Abstellplatz für das Fahrrad. Nach kurzer Rücksprache mit dem Schaffner stellen wir das Rad in den Zugangsweg zum Mutter-Kind-Abteil. Da dieser Weg sowohl für die Kinderwagen als auch Rollstühle recht breit ausgelegt ist, behindert das Rad den Zugang zum Abteil nicht.
Wir fahren mit dem Zug bis Lappeenranta und nach kurzer Stadtbesichtigung von hier aus mit dem Rad weiter Richtung Osten, Richtung russischer Grenze.
Auf dem Weg zur russischen Grenze fällt uns die schnell zunehmende, hohe Dichte russischer PKW im Straßenbild auf. Ebenso überrascht uns vor der Grenze die Vielzahl an Geschäften und Supermärkten entlang der Straße, die sich mit ihrem Angebot direkt und ausschließlich an russische Kunden wenden. In diesen Geschäften verkaufen Russisch-Muttersprachler mit Arbeitsvisum für Finnland ausschließlich russisch beschriftete Waren an Russen. Die Kunden zahlen mit roten und gelben Euro-Scheinen und erwarten keine Cent-Münzen im Rückgeld. Finnland als Billig-Einkaufsland für Russen. Im Vergleich zu den Endverbraucherpreisen in Deutschland sind die Preise in diesen Supermärkten jedoch keinesfalls günstig. Es erscheint uns recht skurril, dass ein großer Teil der auf russisch etikettierten Ware in Deutschland hergestellt wird. Warum Russen nach Finnland fahren, um hier gezielt in Supermärkten zum Beispiel in Deutschland hergestellten Buchweizen oder gar in Deutschland hergestellte Backwaren zu kaufen, erschließt sich uns vor Ort nicht. Die Mehrheit der angebotenen Waren werden auch in Russland hergestellt und sollten insbesondere vor dem Hintergrund der erst kürzlich erfolgten Abwertung des Außenwerts des Rubels gegenüber dem Euro in Russland deutlich preiswerter zu erwerben sein als in Finnland. Auf diesen Umstand angesprochen erklären die Verkäufer uns gegenüber aus der Ukraine zu stammen und deshalb keinen Überblick über die Preisstruktur von Alltagswaren in Russland zu besitzen.
Der Grenzübertritt mit dem Fahrrad über den Grenzübergang Nuijamaa erweist sich als überraschend problemlos. Wider Erwarten werden wir nicht herausgewunken und gesondert inspiziert. Es stellt sich im Gegenteil als schwierig heraus, konkrete Informationen über notwendige Deklarationen zur Ein- und Wiederausfuhr hochpreisiger Photo- und Videotechnik zu erhalten. Die russischen Zollbediensteten sind mit unseren diesbezüglichen Fragen sichtbar überfordert. Entgegen der eindeutigen und einschlägigen Informationen zu den diesbezüglichen Einfuhr- und Ausfuhrbedingungen in ihrem Schaukasten sind die Uniformierten der Meinung wir müssten für unsere Technik keine Zollerklärung abgeben. Da dies in den Vorjahren bei gleichlautenden Aushängen jedoch anders gehandhabt wurde, bestehen wir darauf zumindest einen Teil unserer Technik zu deklarieren. Die sehr speziellen Erfahrungen an den verschiedenen russischen Grenzübergangsstellen in den 1990er und 2000er Jahren brechen sich in diesem Zusammenhang im Unterbewusstsein wohl noch Bahn. Lieber ein offiziell gestempeltes Dokument zu viel, als eines zu wenig lautet hier das Motto aus der Erfahrung der Vergangenheit.
Da die Grenzabfertigung aufgrund unseres Wunsches nach freiwilliger Zolldeklaration deutlich länger gedauert hat als geplant, schaffen wir es an diesem Tag nicht mehr bis nach Vyborg und übernachten deshalb auf halber Strecke das erste Mal auf dieser Reise im Zelt am Ufer des Saimaa-Kanals.

Tag 3 — Stadtrundfahrt in Helsinki und Bahnfahrtkarten
Nach Ankunft der Fähre in Helsinki gilt es zuerst einige Kilometer vom Terminal in die Innenstadt zu radeln, wo wir unseren Gastgeber für die nächsten drei Tage treffen. Mit diesem zusammen erkunden wir im Anschluss mit dem Rad die Stadt und machen uns mit den örtlichen Gegebenheiten vertraut. Das Wetter ist für diese erste Rundfahrt zu den Sehenswürdigkeiten Helsinkis bestens geeignet. Schönstes Touristenwetter für Postkartenmotive.
Da wir in drei Tagen mit dem Zug von Helsinki bis in die Nähe der russischen Grenze fahren möchten um Zeit zu sparen, fühlen wir am Abend am Bahnhof vor, ob und wenn ja in welche Zuggarnituren unserer Lastenrad passt. Diese Sondierung vor Ort ist ernüchternd. Obwohl es in Helsinki ein sehr gut ausgebautes Netz an Fahrradwegen gibt, ist das rollende Material in Finnland nicht auf eine größere Anzahl von Radfahrern im Zug angepasst. Es gibt zwar in jedem Zug 2–3 Stellplätze für Fahrräder, diese Plätze sind jedoch schwer zugänglich und bestenfalls für leichte Sporträder geeignet.
Die Frage nach einer Mitnahmemöglichkeit unseres Lastendes in einem Zug überfordert die Angestellten der finnischen Bahn sichtlich. Nach zähen Verhandlungen schaffen wir es, die Schalterbedienstete zu einer unverbindlichen Reservierung von zwei Fahrradkarten für den geplanten Abfahrttag zu überreden. In Hinblick auf die Größe des Lastenrades verweist sie mehrfach auf Regelungen zur Fahrradmitnahme in finnischen Zügen und macht dabei deutlich, dass dieses Rad nicht mitgenommen werden könne. Wir sollen einen Service anrufen und uns dort nach Transportmöglichkeiten für das Rad erkundigen. Wir versprechen dies zu tun und mit der Auskunft in der Hand am nächsten Tag wiederzukommen.
Der Kofferraum
Mit einem Tag Verzögerung ist heute die Beschriftung für den Fahrradkoffer fertig geworden. Das Rot ist nicht ganz der Farbton der es hätte sein sollen, aber das fällt wohl nur jemandem auf, der auch die Designvorlage mit den Farbwerten gesehen hat. 😉

Obwohl die Kiste für sich recht leicht ist, ändert sich mit der montierten Kiste das Fahrverhalten des Rades doch spürbar. Mal gucken wie sich das Rad mit voller Zuladung verhält.
Die neuen Räder
Anstelle der bei den letzten Reisen genutzten Kombination aus einem Reisefahrrad und einem Fahrradanhänger möchten wir für das Grenzland-Projekt ein Lastenfahrrad zum Transport unserer recht umfangreichen Ausrüstung einsetzen. Da wir bislang noch nicht über ein solches Lastenfahrrad verfügen, müssen wir uns ein solches extra für das Projekt beschaffen. In Anbetracht unserer recht speziellen Anforderungen an das Fahrrad fiel die Entscheidung zugunsten eines Neukaufs eines solches Transportfahrrads aus. Zum einen liegen die Preise für gebrauchte und gut erhaltene Lastenfahrräder zu dicht an den Preisen für Neufahrzeuge und zum anderen müssten an einem gebraucht erworbenen Fahrrad für das Projekt so viele Anpassungen vorgenommen werden, dass der Kauf eines gebrauchten Fahrrades und dessen Anpassung in der Summe teurer wäre als der Aufbau eines komplett neuen Fahrades nach unseren projektspezifischen Vorgaben.
Nach der Absage des bis dato favorisierten Fachhändlers den Bau des kompletten Fahrrades zu übernehmen, haben wir entschieden, unser neues Fahrrad weitestgehend selber aufzubauen. Da wir jedoch nicht alle Komponenten selbst zusammenbauen können, haben wir heute als einen ersten Schritt zu unserem Projektfahrrad den Bau der Laufräder für dieses in Auftrag gegeben. In vier Wochen, das heißt Ende Juni und damit nur wenige Tage vor dem geplanten Beginn der Fahrt, sollen diese fertig sein. Dann drücken wir uns »mal gegenseitig die Daumen, dass es in diesem Punkt zu keinen Verzögerungen kommt…