Tag 4 — Museen in Helsinki

Nach der Stadt­rund­fahrt mit den Fahr­rä­dern am Vor­tag besu­chen wir heute die für unser Pro­jekt rele­van­ten Museen. Zu unse­rer Über­ra­schung wid­met das fin­ni­sche Natio­nal­mu­seum dem Win­ter­krieg, dem Fort­set­zungs­krieg und dem Lapp­land­krieg zusam­men nur eine halbe Schau­vi­trine. Ohne Hin­ter­grund­in­for­ma­tion wer­den diese Kriege nur in Form zweier aus­ge­stell­ter Uni­for­men the­ma­ti­siert. Im Ver­gleich zur Zeit die­ser Kriege zwi­schen 1939 und 1945 wird der drei­mo­na­tige Bür­ger­krieg von 1918 mit einem eige­nen Aus­stel­lungs­saal gera­dezu erschöp­fend dar­ge­stellt. Die Muse­ums­mit­ar­bei­ter ver­wei­sen uns an das Mili­tär­mu­seum, wel­ches aus deren Per­spek­tive die Betei­li­gung Finn­lands am Zwei­ten Welt­krieg aus­führ­li­cher behan­deln soll.

Das Stadt­mu­seum ist in Hin­blick auf Infor­ma­tio­nen für unser Pro­jekt ebenso ent­täu­schend wie das Natio­nal­mu­seum. Weder im Stadt­mu­seum noch im Natio­nal­mu­seum kön­nen wir nähere Details zur Kon­fe­renz über Sicher­heit und Zusam­men­ar­beit in Europa in Erfah­rung brin­gen. Das Thema scheint für fin­ni­sche His­to­ri­ker der­zeit kom­plett unin­ter­es­sant zu sein bezie­hungs­weise wird aus unse­rer Sicht von die­sen His­to­ri­kern in sei­ner Bedeu­tung für die poli­ti­sche Ent­wick­lung in Europa nach 1975 völ­lig ver­kannt und unter­schätzt. Für die Fin­nen, mit wel­chen wir über diese Kon­fe­renz bis­lang gespro­chen haben, hat diese Kon­fe­renz kei­ner­lei Bedeu­tung, weder für Finn­land, noch Europa oder gar ihr jewei­li­ges eige­nen Leben. Für uns ist dies eine Über­ra­schung, da wir dies­be­züg­lich etwas ande­res erwar­tet haben. Denn es ist doch gerade diese Kon­fe­renz, die den viel­zäh­li­gen oppo­si­tio­nel­len Grup­pen in den real­so­zia­lis­ti­schen Län­dern eine recht­li­che Argu­men­ta­ti­ons­grund­lage gege­ben und damit das Ende der Ein­par­tei­en­herr­schaf­ten in Mit­tel- und Ost­eu­ropa ein­ge­lei­tet hat. Erst als Folge die­ses poli­ti­schen Wan­dels und der dadurch aus­ge­lös­ten Auf­lö­sung der Sowjet­union konnte sich Finn­land dem poli­ti­schen Ein­fluss aus Mos­kau ent­zie­hen und die Poli­tik der Finn­lan­di­sie­rung beenden.

Am Abend errei­chen wir nach erneu­ter lang­wie­ri­ger Dis­kus­sion, dass uns die Bahn­mit­ar­bei­te­rin zwei Fahr­kar­ten für uns und unsere Fahr­rä­der ver­kauft. Dies tut sie jedoch nicht, ohne zuvor meh­rere andere Mit­ar­bei­ter und Vor­ge­setzte zu infor­mie­ren und zu befra­gen, ob sie uns für das Las­ten­fahr­rad eine Fahr­karte ver­kau­fen darf. Nach ein­hel­li­ger Mei­nung dürfte sie es nicht, wir sol­len jedoch nach Beleh­rung über die ein­schlä­gi­gen Trans­port­be­din­gun­gen unser Glück ver­su­chen und uns mit dem Schaff­ner ver­stän­di­gen. Da das Las­ten­fahr­rad phy­sisch nicht in die Zug­gar­ni­tur der von uns bis dato prä­fe­rier­ten Rela­tion passt, müs­sen wir unsere Rei­se­route etwas ändern. Wir kom­men des­halb nicht am Som­mer­häus­chen des rus­si­schen Zaren in der Nähe von Kotka vor­bei, son­dern müs­sen mit dem Fahr­rad eine nörd­li­cher gele­gene Route nach Vyborg  wählen.