Kirgistan ist eines der Länder deren eigenständige Existenz unter volkswirtschaftlichen Gesichtspunkten derzeit getrost als Treppenwitz der Geschichte bezeichnet werden kann. Eine solche Position bringt zweifelsfrei lautstarken Protest von kirgisischen Nationalisten ein. Bislang hat mir jedoch noch niemand der diesbezüglich Befragten schlüssig erklären können, wie das Land ohne nennenswerte Rohstoffvorkommen, ohne industrielle Basis sowie ohne eine auch nur durchschnittlich hohe Qualifikation der arbeitsfähigen Bevölkerung in Konkurrenz zu anderen Volkswirtschaften derzeit und in absehbarer Zukunft in der Lage sein soll, auch nur die bestehende technische und soziale Infrastruktur aufrecht zu erhalten. Von einem notwendigen Ausbau sowohl der harten als auch weichen Infrastruktur sowie der industriellen Basis ganz zu schweigen.
Damit stellt sich die Frage: Wie kann und soll die Eigenständigkeit eines Staates gewährleistet werden, wenn die Höhe des von den Staatbürgern produzierten Inlandsproduktes nicht ausreicht, um den aus der Zeit der Sowjetunion geerbten Bestand an Krankenhäusern, Schulen, Straßen, Wasser- und Energieversorgung zu erhalten? Oder anders gefragt: Gegen welche in Kirgistan produzierten Waren und Dienstleistungen tauscht das Land heute und in Zukunft Kühlschränke, Fahrzeuge, Medikamente, Computer und Telefone ein?
Meiner Meinung nach verdient ein Land, welches in absehbarer Zukunft keine ausgeglichene Handelsbilanz aufweisen kann, nicht die Bezeichnung „unabhängig“.
- Wahlwerbung der Grünen Partei Kirgistans mit dem Aufruf „Gegen Alle!“; Bischkek, Oktober 2010
- auf der Landstraße zwischen Kazerman und Aktal; September 2009
- Eheschließung im Standesamt vor sowjetischem Schmuckfenster mit dem Wappen der Kirgisischen Sozialistischen Sowjetrepublik; Bischkek, November 2011
- Fassadenwerbung für die sowjetische Fluggesellschaft Aeroflot; Osch, Oktober 2010
- sowjetischer Fassadenschmuck mit einer stilisierten Darstellung Moskaus; Bischkek, Oktober 2010
- Wandmosaik mit einer Darstellung Baron Münchhausens an einer Außenfassade eines Kindergarten; Kazerman, September 2009
- alles nur eine Frage der Perspektive oder Photographie lügt nie; Bischkek, Oktober 2010
- sowjetische Installation mit der Aufschrift „Frieden der Welt“ vor ausgebrannten Gebäuden des Basars; Osch, Oktober 2010
- sowjetische Raummarkierung am Ortseingang zur Stadt Naryn; Naryn, Oktober 2009
- im offenen Sarg zum Friedhof; Karakol, Oktober 2009