Immer wieder werde ich gefragt, warum ich dieses und jenes auf meiner Website schreibe bzw. warum ich es nicht schreibe, warum ich manche Bilder zeige und andere wiederum nicht öffentlich mache. Auf diese und andere Fragen möchte ich an dieser Stelle eingehen. Hoffentlich verständlich und erschöpfend. 😉
Frage: Sind diese Seiten ernst gemeint?
Antwort: Ja. 😉 Oder vielleicht doch nicht? Manchmal weiß ich es wohl selber nicht so genau. 😉 Zumindest bin ich nicht ernsthafter oder witziger als andere Menschen, welche Krieg als Friedenserzwingungsmaßnahme, Hungersnot als temporären Versorgungsengpaß und Folter als alternative Verhörmethoden bezeichnen oder Mitarbeiter dem freien Arbeitsmarkt zur Verfügung stellen anstatt sie zu entlassen. In diesem Sinne sind meine Seiten und Kommentare auf ihnen ernst gemeint. Aber das liegt wohl im Auge des Betrachters. 😉
Frage: Warum gibt es so wenig Bilder mit Menschen auf Deinen Seiten zu sehen?
Antwort: Dies hat mehrere Gründe. Einer der wichtigsten ist, dass insbesondere in den Staaten Osteuropas und Zentralasiens sowie des Kaukasus’ — bislang meine Hauptreisegebiete — die Menschen sich nicht gerne in Alltagssituationen photographieren lassen. Dies soll nicht heißen, dass sie sich nicht gerne ablichten lassen — ganz im Gegenteil. Gestellte Gruppenaufnahmen mit lächelnden, winkenden und fröhlichen Menschen kann man bei Reisen durch diese Länder zu zehntausenden machen. Dies ist jedoch nicht der beschwerliche Alltag dieser Menschen — welcher mich interessiert und welchen ich in Bildern festzuhalten bemüht bin.
Unabhängig davon habe ich noch leichte Skrupel davor, andere Menschen hier offen zur Schau zu stellen. Sofern sie nicht eindeutig erkennbar sind habe ich damit kein Problem. Bei Portraits oder Bildern mit klar erkennbaren Gesichtern sieht dies jedoch schon anders aus. Schließlich haben diese Menschen auch Persönlichkeitsrechte und nicht jeder möchte sein Bild auf einer fremden Website wiederfinden, oder? 😉
Frage: Warum bist Du selber so selten auf den Bildern zu sehen?
Antwort: Nun, das liegt in der Natur der Sache: Ich halte zumeist die Knipse in der Hand und gucke von hinten nach vorne durch sie durch. Dabei verirrt sich nur selten eine Lichtreflexion von meinem Körper in das Photokasteninnere. 😉 Und da ich zumeist alleine reise und nur ungern mein Spielzeug aus Fernost in fremde Hände gebe, ergibt es sich eben recht selten, dass ich in den Strahlengang meiner Objektive gerate. Ich kann aber versichern, dass eine große Menge Menschen daran arbeiten, diesen Mißstand zu beseitigen. Zumindest sehe ich von Jahr zu Jahr immer mehr Kameras auf meinen Wegen und ich bin mir sicher, dass es sich hierbei nicht um getarnte Vogelkästen handelt. Es gibt dank mit Sicherheit mehr Bilder von mir als ich kenne — sie sind nur in den falschen Händen und können aus Sicherheitsgründen hier nicht veröffentlicht werden.
Frage: Warum machst Du Witze über Religion?
Antwort: Ich mache keine Witze über Religion. Religion ist eine der bedeutsamsten Kulturleistungen des Menschen. Keine andere Spezies auf dieser Erde betet Steine, Pflanzen, Tiere, Wetterphänomene, Sternenstaub, andere Angehörige der gleichen Art und/oder deren Artefakte oder übernatürliche, abstrakte Wesen an. Wie bei jeder anderen Kulturleistungen ergeben sich aus dem Wechselspiel zwischen den Akteuren und ihren Leistungen Situationen mit Widersprüchen, welche sich mit einer kurzen Beschreibung gegenüberstellen und mit Witz erkennen und lösen lassen. Ich beschreibe bestenfalls diese Situationen — mehr nicht.
Als bekennender Atheist sehe ich Religion und ihre Ausübung differenziert: Religion ist für mich — in Abhängigkeit vom Menschen — ein sehr gutes Instrument, um den Glauben in sich selbst und die eigenen Fähigkeiten zu erhalten und zu stärken sowie eine positive Zuversicht zu bewahren. Religion ist für mich unabhängig von der konkreten praktischen Ausgestaltung ein hilfreiches Instrument der Lebensgestaltung, solange es nicht einen Fatalismus begründet und bedient bzw. in einer radikalen Form zur Durchsetzung von Partikularinteressen benutzt wird.
Solange ich glaube, dass es keinen Gott gibt, gestehe ich anderen Menschen selbstverständlich den gegenteiligen Glauben zu. Jeder soll auf seine Weise sein Glück finden. Hierzu zählt meiner Meinung nach aber auch Widersprüche im Leben akzeptieren und mit ihnen umgehen zu können — mit einem befreienden, herzhaften Lachen. 😉
Frage: Bist Du politisch engagiert?
Antwort: Ich? Nein. Ganz bestimmt nicht. Ich doch nicht. Ich sitze lieber zu Hause und gucke mir im Fernsehen an, wie ehemalige Lehrer, Juristen und mehr oder weniger erfolglose Wirtschaftskapitäne einen Staat mit ihrer fälschlicherweise als liberal bezeichneten Ideologie zugrunde richten fit für den internationalen Wettbewerb machen. Diese Marktanarchisten Reformkräfte wissen mit ihrer tollen Ausbildung, mit ihrer großen Weisheit und Erfahrung doch eh’ viel besser als ich, was alles noch getan werden muß, um das Land abzuwirtschaften aus der Krise zu holen. Dabei kann ich ihnen doch nicht helfen. 😉
Ich habe zwar einmal ein Praktikum bei einem Bundestagsabgeordneten gemacht, der auch einmal irgendwie als Minister für die bundesdeutsche Wirtschaft verantwortlich gewesen sein soll. Dieses Praktikum hat mir aber deutlich vor Augen geführt, dass diese Politik nicht meine Sache ist. Seitdem sitze ich lieber zu Hause und lasse mir von Hahne und Co. erklären, wie die auf exklusiven Parteitagen nominierten Volksvertreter meine Interessen verkaufen vertreten und warum das gut für mich ist. Ist doch gut so, oder?
Frage: In Deinem Einleitungstext schreibst Du, dass Du diese Seite unter anderem auch unterhälst, um Sicherheitsbehörden zu verwirren. Kann es sein, dass Du Dich ein bißchen zu wichtig nimmst und leicht paranoid bist?
Antwort: Ausgeschlossen ist dies natürlich nicht. 😉 Womit die Frage auf den ersten Blick auch schon beantwortet ist — jedoch nur auf den ersten, nicht den zweiten Blick. Auf den zweiten Blick stellt sich die Sache nämlich sehr viel differenzierter dar und wirft sehr viele Fragen auf.
So bin ich einmal an einem ukrainischen Grenzübergang isoliert und für längere Zeit intensiv dazu befragt worden, warum ich so viel reise. Für die Grenzbeamten war ich verdächtig, weil sich in meinem Paß allerlei exotische Visa befanden und zu allem Überfluß noch exotischere Stempel meine Ein- und Ausreisen in die dazugehörigen Länder dokumentierten. Ich war also verdächtig, weil ich viel reise. Interessant. Wessen mache ich mich damit verdächtig? Zu viel Geld und Zeit zu besitzen? Mir meine eigene Sichtweise auf fremde Länder und Gesellschaften bilden zu wollen? Besondere Erfahrungen zu besitzen, welche nur wenige Menschen haben sammeln können? Ab wann ist man dessen eigentlich verdächtig? Ab wievielen Auslandsfahrten reist man viel und ab wann reist man zuviel? Diese Fragen konnten und wollten mir die Beamten nicht beantworten. Sie bestätigten mir jedoch auf explizite Nachfrage, aufgrund meiner im Paß dokumentierten Reisen Mißtrauen erregt und Verdacht auf mich gezogen zu haben. Nach einigen langwierigen Gesprächen ließ man mich dann weiterreisen, jedoch nicht ohne vorher mein Gepäck intensiv zu untersuchen.
Eine solche Untersuchung meines Reisegepäcks führte in einem anderen von mir besuchten Land einmal dazu, dass ich an der Grenze zurückgewiesen wurde, nicht ausreisen durfte, mein Visum verfiel, ich mich damit ohne gültige Aufenthaltspapiere und hierdurch rechtswidrig im Land befand und zur Hauptstadt fahren mußte, um dort meine Situation als illegal im Land Befindlicher mit dem Innenministerium zu klären. Eine insgesamt wenig erfreuliche Situation in welcher ich mich nur deshalb befand, weil ein einzelner Grenzbeamter mich verdächtigte, ein Journalist und damit ein Vertreter einer in diesem Land wenig gelittenen Berufsgruppe zu sein. Die Sache ging nach einigem Hin- und Her und der Zahlung eines dreistelligen Devisenbetrages an die Staatskasse weitgehend glimpflich für mich aus.
Vergleichbare und ähnliche Situationen hatte ich in einer Vielzahl der von mir besuchten Länder [Anmerkung I]. Als erkennbar Auswärtiger wurde ich kontrolliert, befragt, kürzer oder länger festgehalten oder gar ganz offiziell verhaftet und eingesperrt. Die Begründungen waren so vielfältig wie die Entschuldigungen bei meiner Freilassung blumig waren — sofern die beteiligten Personen die Größe hatten, sich für die Unannehmlichkeiten mir gegenüber zu erklären.
Diese ungewollt umfangreiche Erfahrung mit Sicherheitsbehörden verschiedener Länder hat mich mehrere Dinge gelehrt. Die Haupterkenntnis ist: Man kann sich nicht nicht verdächtig machen. Irgendeinen Grund für eine Verdächtigung gibt es immer und es gibt noch mehr Gründe, diese berechtigte oder auch unberechtigte Verdächtigung und daraus resultierende Handlungen später als richtig, korrekt, legitim, moralisch sauber etc. darzustellen. Es trifft eben nicht immer nur „die Richtigen“, sondern eine Verdächtigung kann auf jeden fallen und das ist nur eine Frage der Zeit. Darüber hinaus habe ich gelernt, dass die bei Sicherheitsbehörden beschäftigten Menschen zum einen intellektuell recht einfach gestrickt und zum anderen in der Wahrnehmung ihrer Umwelt recht eindimensional orientiert sind. Wenn sie in ihrem eingeschränkten Sichtfeld einen Sachverhalt wahrnehmen und diesen nicht in ihr einfaches Weltbild einordnen können, dann gibt es für sie in aller Regel nur zwei Lösungswege: Entweder werden Fakten solange verbogen und umsortiert, bis sie auch in der krudesten Konstellation in das eigene Weltbild passen oder aber der Sachverhalt wird komplett ausgeblendet. Gemäß dem Motto: Was nicht sein darf, das nicht sein kann. In beiden Fällen überfordern mehrschichtige Perspektiven und komplexe Sachverhalte diese Personen.
Wenn ich bisher aus dem Gewahrsam von Sicherheitsdiensten entlassen wurde, dann geschah dies in meiner Wahrnehmung immer deshalb, weil meine Kontaktpersonen mit der Gesamtsituation irgendwann schlichtweg überfordert waren [Anmerkung II]. Da ich eine nicht gerade kleine Basis an diesbezüglichen Erfahrungswerten aufweisen kann, gehe ich davon aus, dass meine Strategie der Überforderung von Sicherheitskräften mit Fakten und Perspektiven Erfolg haben kann — auch in Form und mittels dieser Website.
Um abschließend auf die Frage nach der Paranoia zurückzukommen: Nein, ich halte mich nicht für paranoid. Wäre ich es, würde ich mich verstecken und keinen Mucks von mir geben anstatt hier in aller Öffentlichkeit herumzukrakelen und die guten, die tollen und ach so leistungsfähigen Sicherheitsdienste als Ansammlung intellektuell herausgeforderter Menschen darzustellen. 😉
Frage: Warum machst Du so viele Nachtphotos? Auf denen sieht man ja nur so wenig.
Antwort: Das liegt an meinem verkorksten Wach-Schlaf-Rhytmus. Ich stehe einfach zu spät auf. Ich mag Nachtphotos. Das Wechselspiel zwischen den unterschiedlichen Lichtquellen gefällt mir. Außerdem sieht man auf diesen den Dreck und das Grau des Alltags nicht so sehr. Außerdem verspricht das Dunkel der Nacht und deren Lichter in der Regel sehr viel mehr als der Tag dann halten kann. 😉
Frage: Du bist offensichtlich in den letzten 25 Jahren in jedem Jahr für mehrere Monate auf Reisen gewesen. Wie machst Du das? Hast Du keine richtige Arbeit?
Antwort: Für mich stellt sich nicht die Frage nach dem Wie, sondern nach dem Warum des Reisens. In meinen Augen ist eine Gesellschaft pervertiert, die Geld, Besitz und Macht als den Maßstab für Erfolg und als Bewertung für „Richtig“ und „Falsch“ im Leben eines Menschen benutzt. Was ich vermisse ist eine Anerkennung für gebildete Menschen, ungeachtet ihrer spezifischen ökonomischen Hintergründe. Denn die Mitglieder einer solchen an Besitz und Macht orientierten Gesellschaft verkennen aus meiner Perspektive, dass Bildung ein Luxusgut ist, welches — einmal erworben — einem Menschen nicht mehr genommen werden kann (ganz im Gegensatz zu materiellen Luxusgütern). Bildung war und ist (zu meinem Bedauern) für viele Menschen früher wie heute so unerreichbar wie materielle Luxusgüter. Im Unterschied zu materiellen Gütern kann man Bildung jedoch nicht erben. Jeder Mensch muß sich Bildung individuell erarbeiten, mit seiner eigenen Hände Arbeit, ganz mit eigenem Schweiß. Und aus diesem Grund bewerte ich Bildung als eine höhere Leistung als die Mehrung materiellen Wohlstands, für welchen bei den Reichen der Reichen in aller Regel die Vorfahren die Grundlagen gelegt haben, nicht die aktuellen Nutznießer desselben.
Und für mich sind Reisen eine Form der Bildung (und damit auch Arbeit). In meinen Augen ist es ein erheblicher Unterschied, ob ein Mensch sich etwas über andere Länder, deren dortigen Sitten und Gebräuche angelesen hat oder ob er in ein bestimmtes Land gereist ist, um vor Ort die Sitten und Gebräuche kennen und verstehen zu lernen.
Für mich ist Erwerbsarbeit nur Mittel und Zweck, um mir meine Bildung zu finanzieren.
Frage: Du bist wiederkehrend in Projekten engagiert, die sich mit Geschichtsschreibung beschäftigen. Warum?
Antwort: Für mich stellen weitreichende und detaillierte Geschichtskenntnisse die Grundlage für ein Verständnis und Bewusstsein für das ambivalente Verhalten von Menschen dar. Aus meiner Sicht werden erst mit einem umfassenden Wissen über historische Ereignisse und Prozesse alternative Verhaltensweisen von Menschen erkennbar und können Träger eines solchen Wissens ihre Zeitgenossen unter einen Reflexions- und Begründungsdruck für deren Verhalten setzen. Ohne fundierte Kenntnisse der Geschichte erscheinen insbesondere politische Entscheidungen der Gegenwart oftmals als „alternativlos“ und einem „Sachzwang geschuldet“ beziehungsweise werden als solche dargestellt. In meinen Augen führt Unkenntnis der Geschichte zu geringer Kritikfähigkeit gegenüber gegenwärtigen Entscheidungen, da das Wissen um mögliche Alternativen nicht oder nur in geringem Umfang vorhanden ist. Das Studium der Geschichte ist in diesem Zusammenhang für mich ein wichtiger Schritt der Emanzipation gegenüber einer behaupteten Alternativlosigkeit in der Politik.
Anmerkung I: Um zu vermeiden, dass an dieser Stelle ein falscher Eindruck entsteht: Hierbei handelt es sich immer um Ausnahmeerscheinungen. Ich ziehe nicht den Ärger an wie das Licht die Motten. Im Gegenteil. Im Vergleich zu anderen Reisenden in den jeweiligen Ländern habe ich sogar sehr selten Kontakt zu Sicherheitskräften. Anderenfalls würde ich nicht in diese Länder fahren. Ich bin ein sehr risikoaverser Mensch und die Aussicht längere Zeit in Sicherheitsgewahrsam zu verbringen, lockt mich nicht in ein Land. Zöge ich die Probleme an wie Licht die Motten, käme ich gar nicht dazu, die besonderen Orte der Landesgeschichte zu besuchen und zu dokumentieren. Bei genauerer Betrachtung bin ich sogar recht gut darin nicht aufzufallen und unterhalb der Wahrnehmungsschwelle der Sicherheitskräfte meine eigenen Wege zu gehen. Dennoch kommen entsprechende Kontakte immer wieder einmal vor und sind dann jeweils eine Geschichte für sich.
Anmerkung II: Man könnte auch sagen ich habe sie totgequatscht.