Mit der staatlichen Unabhängigkeit Usbekistans steht das junge Land vor einer großen Herausforderung: Ohne Anknüpfungspunkte zu einem direkten historischen Vorgänger muß die 1991 gewonnene Eigenstaatlichkeit begründet und legitimiert werden. Hierbei gilt es, die Vielzahl an Religions-, Sprach und Kulturgemeinschaften unter dem Dach einer neuen usbekischen, nationalstaatlichen Identität zu einigen und gegenüber den Nachbarländern abzugrenzen.
Den seit der staatlichen Unabhängigkeit Usbekistans 1991 stattfindenden Prozeß der Entwicklung, Ausprägung und Verfestigung
eines nationalen, staatstragenden Geschichtsbildes wollte das Projekt „Geschichtswerkstatt
Taschkent“ dokumentieren und wissenschaftlich begleiten.
Diese Dokumentation wurde gemeinsam von jungen deutschen und usbekischen
Studenten erarbeitet, welche sich für die Geschichte Zentralasiens,
Usbekistans und Taschkents interessierten. Angeleitet wurden sie von erfahrenen
Dozenten aus den Fachbereichen Geschichte, Architektur und Städtebau
deutscher und usbekischer Hochschulen.
In einem ersten Schritt zur Erschließung dieses Themas für eine öffentliche
Debatte erarbeiteten Studenten aus Deutschland und Usbekistan in einem Gemeinschaftsprojekt
die Geschichte der europäischen und asiatischen Migration in Taschkent. Am Beispiel städtebaulicher Artefakte dokumentierten die Studenten
die Einflüsse europäischer und zentralasiatischer Migration in Taschkent
und machten diese durch ihre Arbeit sichtbar. In der Vorbereitung
und in der Zusammenarbeit wurden die Studenten für die Neuere und Zeitgeschichte
Zentralasiens sensibilisiert. Im Rahmen des Projektes
lernten sie, Identität und nationale Geschichtsbilder in den Kontext eines
modernen, unabhängigen Usbekistans einzuordnen. Darüber hinaus wurden
Lösungsansätze entwickelt, die vielfältigen Artefakte der jahrhundertealten
Kulturlandschaft in Taschkent zu erkennen, zu deuten und zu bewahren.
Mit Abschluß des Projektes haben die beteiligten Studenten umfassende
Kenntnisse und Fähigkeiten erworben, um die vielschichtigen Aspekte
einer gegenwärtigen usbekischen Identität und nationalen Geschichtsschreibung
in Taschkent an Beispielen zu zeigen und zu deuten. Durch die Arbeit
im Projekt wurden sie in die Lage versetzt, den Wandel in der
Erinnerungskultur Usbekistans nachzuzeichnen und die zukünftige
Entwicklung der Erinnerungskultur wissenschaftlich zu begleiten.
Das Projekt „Geschichtswerkstatt Taschkent“ gliederte sich in drei Phasen: Eine theoretische Vorbereitung der Teilnehmer in Seminaren, umfangreiche Feldforschungen in Taschkent und eine Auswertung der vor Ort erarbeiteten Materialien. Die Gesamtlaufzeit des Projektes erstreckte sich von Oktober 2006 bis August 2007 und wurde mit einer Konferenz, einer Ausstellung und dieser Dokumentation im Internet abgeschlossen. Der Aufenthalt der Studenten aus Deutschland und die Zusammenarbeit mit den Studenten aus Usbekistan fand im Frühjahr 2007 statt.
Zwischen Oktober 2006 und Februar 2007 fanden regelmäßig Seminarsitzungen zur Geschichte
Zentralasiens, Usbekistans und Taschkents statt. Neben der Einführung
in die Geschichte der Region und der Bearbeitung geschichtswissenschaftlicher
Fragestellungen wurden in den Veranstaltungen Ideen, Konzepte und Modelle
sowie die Genese moderner Nationalstaaten vorgestellt und besprochen.
Zeitgleich zu den theoretischen Einführungskursen bereiteten die Seminarteilnehmer
die Feldarbeit in Taschkent im Frühjahr 2007 vor.
Nach Überwindung einiger organisatorischer Herausforderungen kann das Projekt „Geschichtswerkstatt Taschkent“ als Erfolg bezeichnet werden: Die Erwartungen der Initiatoren der Geschichtswerkstatt bezüglich der Leistungsfähigkeit und des Arbeitswillens der Teilnehmer wurden weit übertroffen. Auf den Erfahrungen aus den Seminarsitzungen aufbauend, konnten die Studenten zu von ihnen frei gewählten Themen Feldforschungen betreiben. Diese Arbeiten sind im Anschluß an den Aufenthalt in Taschkent in eine Ausstellung eingeflossen, welche im Sommer 2007 an der Europa-Universität Viadrina gezeigt wurde.
© Copyright 2006 — 2007 Geschichtswerkstatt Taschkent
Ein Projekt von
Wilko Schroth,
Götz Burggraf und
Torsten Lorenz
in Zusammenarbeit mit der
Professur
für Geschichte Osteuropas an der
Europa-Universität
Viadrina Frankfurt (Oder).
Datei erstellt am: 01.12.2006 10:01 von: Adam
Twardoch
Letzte Änderung am:
04.10.2007 18:02
von: Götz Burggraf
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